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Der 3. Seekrieg (1754-1763)

Frankreich fürchtete seit dem Aachener Frieden um seine eigenen Überseebesitzungen. Es würde sie nur verteidigen können, wenn sämtliche Ressourcen dafür mobilisiert wurden. Damit verbot sich ein neuerliches Engagement gegen Österreich auf dem europäischen Kontinent. Tatsächlich ließ Versailles das bis dahin mit ihm verbündete Preußen fallen und gewann Wien so als Verbündeten. Um die französischen Ambitionen gänzlich nach Übersee zu lenken, erwog die Habsburgermonarchie sogar, ihnen seine niederländischen Besitzungen zu überlassen.

Großbritannien hingegen war bereit, sich aus dem Ostseeraum zurückzuziehen. Aus diesem hatte es bisher das für seine Flotte wichtige Flachs und Hanf bezogen. Nun glaubte es aber, deren Verlust  durch territoriale Gewinne in Übersee kompensieren zu können. Dieser Rückzug erleichterte wiederum eine Verständigung mit Russland über den Schutz des Kurfürstentums Hannover. Dieses war mit Großbritannien in Personalunion verbunden. Nach dem Wegfall der österreichischen Allianz hätte es in einem Krieg gegen Frankreich aber nicht wirksam verteidigt werden können und wäre bei allen Friedensverhandlungen ein Faustpfand in den Händen des Gegners gewesen. Sämtliche britische Eroberungen hätten dagegen ausgetauscht werden müssen. Der entsprechende russisch-britische Vertrag wurde im September 1755 unterzeichnet.

Allerdings hatte man in London kein großes Zutrauen in die militärischen Fähigkeiten des Zarenreiches. Daher nahm man das Angebot Friedrichs II. von Preußen an, gegen britische Hilfsgelder seinerseits den Schutz Kurhannovers zu übernehmen. Die gegen Russland, Österreich und Frankreich gerichtete Allianz wurde im Januar 1756 geschlossen.

Nordamerika

Zum diesem Zeitpunkt befanden sich Briten und Franzosen miteinander schon seit fast zwei Jahren im informellen Kriegszustand. Auslöser waren französische Versuche gewesen, das Ohio-Tal gegen die britischen Atlantikkolonien abzuschirmen. Das zu diesem Zweck gebaute Fort Duquesne wurde ab 1754 Ziel britischer Attacken. Nachdem diese scheiterten, wollten die Briten die französische Festung aushungern. Dazu schoben sie sich mit dem Bau von Fort Oswego zwischen diese und ihre kanadische Versorgungsbasis. Allerdings scheiterte das Unternehmen: Aus Frankreich 1756 eingetroffene Verstärkungen vertrieben die britische Besatzung wieder aus dem Fort. Nach den Erfolgen im Kampf um Fort Duquesne ergriffen die Franzosen auch im Tal des Hudson die Initiative. 1757 eroberten sie dort Fort William Henry und Albany. Ein weiterer Vorstoß nach New York unterblieb aber.

Europa

Im westlichen Mittelmeerbecken ging für den französischen Orienthandel von Menorca eine Gefahr aus. Um diese zu beseitigen, landete Versailles 1756 15.000 Mann auf der Insel an. Nach kurzer Belagerung besetzten diese den dortigen britischen Stützpunkt Port Mahon. Nach diesem Erfolg wandte sich das bourbonische Reich 1757 Kurhannover zu: Die es verteidigenden britisch-hannoverschen Truppen waren den ihnen gegenüberstehenden französischen Landstreitkräften zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Der preußische Schutz entfiel, da Friedrich II. vollauf damit beschäftigt war, die Vereinigung von Russen und Österreichern auf dem schlesischen Kriegsschauplatz zu verhindern. So zogen sich Briten und Hannoveraner nach dem kurzen Treffen von Hastenbeck nach Holstein zurück. Laut der mit den Franzosen abgeschlossenen Konvention von Kloster Zeven hatten sie sich den Rest des Krieges über neutral zu verhalten. Dies kam faktisch einer Kapitulation gleich.

Bengalen

Währenddessen band die französische Ostindienkompanie den Herrscher Bengalens, den Nawab Siraj-ud-Daula, vertraglich an sich. Dessen Truppen stürmten im Juni 1756 Kalkutta. Eine von Madras aus entsandte britische Armee unter Robert Clive eroberte im Januar 1757 Kalkutta zurück. Im folgenden Monat zwang sie den Nawab zum Vertrag von Alinagar. In ihm erhielt die East India Companydas Recht, Kalkutta erneut zu befestigen. Auch musste sie ihm keine Handelszölle mehr entrichten.

Im März eroberten die Briten dann Chandernagore. Die Ausschaltung des französischen Gegengewichtes beunruhigte den Nawab, weswegen er den Kampf gegen die Briten wieder aufnahm.  Trotz deutlicher numerischer Überlegenheit verlor er aber im Juni 1757 die entscheidende Schlacht bei Plassey. Möglich geworden war dies durch den Verrat seines Untergebenen Mir Jafar. Dieser beging ihn, um von der East India Company als neuer bengalischer Herrscher anerkannt zu werden. Tatsächlich setzten ihn die Briten gegen Bestätigung ihrer Handelsprivilegien als neuen Fürsten ein. Bengalen war damit faktisch zu einem britischen Protektorat geworden.

Eine neue britische Strategie

In den Augen der britischen Öffentlichkeit wogen die Erfolge in Bengalen die Niederlagen in Nordamerika, Kurhannover und auf Menorca nicht auf. Daher trat das Londoner Kabinett im Herbst 1757 zurück. Neuer Kriegsminister wurde nun William Pitt. Er zog aus den Fehlschlägen Konsequenzen: Die verstärkten französischen Rüstungsanstrengungen wurden nun mit eigenen gekontert. Auch wurde der Verlust mächtiger europäischer Verbündeter mit verstärkten Anleihen bei Privatpersonen und Banken kompensiert.

Diese Anstrengungen ermöglichten es der britischen Marine, die französischen Flotten 1758 in Brest und Toulon einzuschließen. Raids gegen Rochefort, St. Malo und Cherbourg sollten die französische Kaperfahrer ausschalten und Frankreich zwingen, Truppen aus Kurhannover an seine Atlantikküste zu verlegen. Allerdings war die Überfallstrategie nur mäßig erfolgreich. Deswegen entschloss sich Pitt, den Krieg in den Kolonien stärker zu forcieren.

Die Seeschlacht von Quiberon

Trotz der Erfolge in Übersee war die französische Regierung davon überzeugt, dass der Krieg gegen Großbritannien in Europa entschieden werden würde. Diese Überlegung führte zu der neuerlichen Idee einer Landung auf den britischen Inseln. Nun sollten 100.000 Mann sowie die Flotten von Brest und Toulon in der nahe der Loire-Mündung befindlichen Bucht von Morbihan zusammengezogen werden. Anschließend sollten sie zusammen in der Ärmelkanal einfahren und die Landtruppen im Süden Englands anlanden. Die französische Mittelmeerflotte musste dazu aber Gibraltar passieren und wurde bei dem Versuch vor Lagos an der Algarve aufgebracht. Die Briten konnten zudem die Linienschiffe der französischen Atlantikflotte in der Morbihan benachbarten Bucht von Quibéron einholen und zur Schlacht stellen.  Hier zwangen sie sie, im nahen Rochefort Zuflucht zu suchen. Anschließend vernichteten die Briten in den folgenden Wochen die französische Landungsflotte.

Die Seeschlacht von Quiberon erwies sich als Wende des Krieges: Bis dato hatten französische Seeeinheiten den Kaperkrieg gegen britische Handelsschiffe recht erfolgreich geführt. Auch hatten sie die Verbindung nach den eigenen Kolonien aufrechterhalten. Seit Ende 1758 aber gelang es Großbritannien, sowohl den Kreuzerkrieg einzuhegen als auch die französischen Kolonien vom Mutterland abzuschneiden. Zudem musste die nun einsetzende Blockade seiner Küste Frankreich wirtschaftlich derart strangulieren, dass es früher oder später um Frieden nachsuchen musste.

Das Ohio-Tal und Kanada

In Nordamerika nahmen die Briten 1758 ihre Bemühungen zum Durchbruch in das Ohio-Tal wieder auf. So eroberten sie die an der kanadischen Versorgungslinie liegenden Forts Frontenac und Forts Niagara. Dadurch sahen sich die Franzosen 1759 gezwungen, Fort Duquesne aufzugeben. Nachdem der Weg zum Ohio so freigekämpft war, wandten sich die britischen Verbände Kanada zu. Louisbourg war schon 1758 erobert worden. 1759 folgten Québec und Fort Carillon am Hudson River. Dem Gegner verblieb damit in Neu-Frankreich allein Montreal. Diese Bastion wurde im September 1760 nach einem von Québec, Fort Niagara und Fort Carillon erfolgten Angriff eingenommen.

Die Kleinen Antillen

Durch die Eroberung Kanadas wurden britische Streitkräfte für die Einnahme der französischen Kleinen Antillen frei. Hier hatte Großbritannien bereits in der ersten Jahreshälfte 1759 versucht, Martinique und die Freibeuterbasis Guadeloupe zu gewinnen, war aber nur in letzterem Fall erfolgreich gewesen. Die zweite Offensive begann dann Mitte 1761 mit der Einnahme des zwischen Guadeloupe und Martinique gelegenen Dominica. Martinique selbst musste sich den Briten im Februar 1762 ergeben. Nach diesem Erfolg besetzten kleinere britische Detachements Saint Lucia, Grenada und Saint Vincent ohne weiteren Widerstand.

Wieder Bengalen

Mir Jafar empörte sich 1759 gegen die East India Company. Er schloss ein Bündnis mit der niederländischen VOC : Sollte diese seine politische Handlungsfreiheit wiederherstellen, würde er die den Briten gewährten Privilegien auf sie übertragen. Die am Ende des Jahres ausgetragenen Kämpfe endeten aber mit der Niederlage der Verbündeten. Die VOC büßte ihren bengalischen Stützpunkt Chinsurah ein und Mir Jafar wurde von der East India Company durch den genehmeren Mir Quasim ersetzt.

Die Koromandelküste

An der Koromandelküste hatte der Krieg 1758 mit dem fehlgeschlagenen französischen Angriff auf Madras begonnen. Ab Mitte 1759 gingen dann die East India Company von dort  aus in die Offensive und eroberte die weiter nördlich gelegene wichtige französische Festung Masulipatam. An der Wende zum Jahr 1760 stieß sie dann nach Pondicherry vor und konnten diesen Stützpunkt nach dem über eine kleine französische Armee errungenen Sieg bei Wandiwash einschließen. Die Belagerung zog sich dann ein Jahr hin und endete im Januar 1761 mit der Kapitulation der Franzosen.

Der kurhannoversche Kriegsschauplatz

Auch in den Kämpfen um Kurhannover konnte Frankreich sich nicht durchsetzen. Infolge der gegen die Preußen erlittenen Niederlage bei Roßbach war das Kurfürstentum Anfang 1758 wieder an die britisch-hannoverschen Truppen verloren gegangen. Diese wehrten dann auf diesem Kriegsschauplatz zwischen 1759 und 1762 trotz deutlicher numerischer Unterlegenheit erneute französische Vorstöße in den Schlachten bei Warburg, Vellinghausen und Wilhelmsthal ab.

Der Frieden von Paris 1763

Der Verlust Kanadas, der Kleinen Antillen und Ostindiens konnte damit nicht durch die Inbesitznahme Kurhannovers kompensiert werden. Dennoch verweigerte sich Frankreich der von Großbritannien geforderten Abtretung fast aller Kolonien und kämpfte weiter. Große Hoffnung legte man auf den im Januar 1762 erfolgten Kriegseintritt Spaniens. Dieser entwickelte sich allerdings zum Fiasko: Die Briten eroberten im August Havanna sowie im September Manila. Gleichzeitig musste eine von den beiden bourbonischen Mächten vorgetragene Invasion Portugals erfolglos abgebrochen werden. Nun sah sich Versailles im Inneren mit einer drohenden Hungersnot konfrontiert. Daher lenkte es ein und einigte sich mit London im Januar 1763 auf den Frieden.

Dieser fiel sehr hart aus: Frankreich hatte Kanada abzutreten, dazu die verbliebenen Forts im Gebiet der Großen Seen und am Ostufer des Mississippi. Bezüglich der Kleinen Antillen gingen Saint Vincent, Grenada, Dominica und Tobago verloren. Im Tausch gegen Menorca gab Großbritannien Martinique wieder heraus. Ohne Gegenleistung wurden Frankreich Guadeloupe, Saint Lucia und die ostindischen Faktoreien restituiert. Letztere mussten aber künftig entfestigt gehalten werden. Sie waren damit einem britischen Zugriff ausgeliefert und als Machtzentren ausgeschaltet. Tatsächlich wurde der französische Einfluss in Südindien nun vom britischen abgelöst. Spanien hingegen erhielt Kuba im Tausch gegen Florida zurück und übernahm von Frankreich dessen westlich des Mississippi gelegenen Forts.

Der Krieg nach dem Krieg

Nachdem Friedensschluss übernahmen die Briten die französischen Forts im Gebiet der Großen Seen und am Ohio. Die indianische Bündnispolitik der Franzosen setzten sie aber nicht fort. Als Folge dessen erhoben sich die dort lebenden Stämme Mitte 1763 unter der Führung Pontiacs gegen ihre neuen Oberherren. Sie brachten beinahe alle britischen Befestigungsanlagen in ihre Gewalt. London reagierte mit der Entsendung von Truppen und Diplomatie: Mittels letzterer konnten die einzelnen Indianerstämme nach und nach zum Abfall von Pontiac bewogen werden. Im Gegenzug nahmen die Briten die Verteilung von Geschenken und Waffen an die Indianer wieder auf. London garantierte zudem, dass sich angloamerikanische Siedler nicht westlich der Appalachen ansiedeln würden.

In Bengalen bemühte sich indessen Mir Quasim um die Abschüttelung der britischen Oberherrschaft und verbündete sich dazu mit dem Nawab von Oudh und dem Großmogul. Die Dreierallianz wurde aber 1764 bei Buxar von der East India Company besiegt. Diese setzte daraufhin einen neuen, gänzlich von ihr abhängigen Nawab für Bengalen ein. Vom Großmogul sicherte sie sich außerdem die Steuereintreibung und Zivilgerichtsbarkeit für Bihar und Orissa.

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