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Der 5. Seekrieg 1793-1802

Frankreich setzte seine 1778 begonnene außenpolitische Offensive auch nach dem Friedensvertrag von 1783 fort. Dazu schloss es 1785 mit den Niederlanden ein Bündnis. Dieses erlaubte ihm die Benutzung von deren Stützpunkten am Golf von Bengalen. Zum finalen Schlag gegen die East India Company kam es dann aber nicht mehr: So wurde der französische Staat durch die seit 1787 in seinem Inneren auftretenden revolutionären Unruhen paralysiert.

1792 hatte sich Frankreich soweit erholt, dass es in der Lage schien, seine neue republikanische Staatsform militärisch nach den Niederlanden und Spanien zu exportieren. Wäre dies gelungen, hätte es deren Flotten in die eigene integrieren und damit die britische Seeherrschaft herausfordern können. Nach der Besetzung der österreichischen Niederlande durch französische Truppen nahm London daher die finanzielle Unterstützung der Gegner Frankreichs auf. Dadurch handelte es sich aber im Februar 1793 dessen Kriegserklärung ein. Anders als im Krieg von 1775-17783 stand Großbritannien aber nicht allein, als da die Niederlande, Spanien, Neapel-Sizilien und Portugal auf seiner Seite in den Kampf eingriffen.

Europa

Das alliierte Kriegsziel bestand darin, die Regierung der Jakobiner in Paris durch eine royalistische zu ersetzen und Frankreich daran zu hindern, in die Nachbarländer einzufallen. Beiden Zielen diente die nun aufgenommene britische Seeblockade. Diese verschärfte die in Frankreich herrschende Wirtschaftskrise und sollte das Land so in die Knie zwingen. Zudem wurden Aufstände der französischen Royalisten unterstützt. Man hoffte, diese würden nach der französischen Hauptstadt vorstoßen können. In dieser Notlage begannen die Jakobiner im August 1793 mit der Einberufung aller wehrfähigen und unverheirateten Männer in die Armee. Durch diese "levée en masse" konnten sie die monarchistischen Aufstände bis zum folgenden Jahr tatsächlich unterdrücken. Blieb noch das Problem der britischen Blockade. Dieses verschärfte sich noch durch die inzwischen in Frankreich ausgebrochene Hungersnot.

Robespierre gelang es, sie durch den von der Flotte von Brest abgesicherten Import überseeischen Getreides zu lindern. Dennoch wurde er vom gemäßigteren Direktorium gestürzt. Dieses setzte den Krieg fort und bemühte sich nun um eine Gegenblockade Großbritanniens. So befahl es seiner Atlantikflotte, im Dezember 1794 in die Irische See einzulaufen. Hier sollte London von seinen überseeischen Handelswegen abgeschnitten werden. Das Unternehmen schlug jedoch fehl, als da die französischen Schiffe den winterlichen Einwirkungen des Atlantiks ausgeliefert waren und entsprechende Verluste erlitten. Dafür gelang im Januar 1795 die Besetzung der Niederlande, deren Flotte zu den Franzosen überlief. Spanien wiederum zog sich im Juli 1795 aus dem Krieg zurück und verbündete sich Anfang 1796 sogar mit Paris: Die britischen Befürchtungen über die Zusammenballung der niederländischen, französischen und spanischen Flotte waren Realität geworden.

Die niederländischen Kolonien

Indessen war es den Briten im Verlauf des Jahres 1795 mit Ausnahme Batavias, St. Martins und St. Eustatius´ gelungen, sämtliche niederländische Kolonien zu besetzen. Dadurch verhinderten sie, dass diese Stützpunkte von den Franzosen als Basen zur Bekämpfung des britischen Überseehandels genutzt wurden. Ernstere Folgen hatte für London der spanische Seitenwechsel: In dessen Folge hatte die seit Kriegsbeginn aufrechterhaltene Blockade Toulons Mitte 1796 aufgeben werden müssen und waren die an ihr beteiligten Schiffseinheiten nach Gibraltar zurückgezogen worden.

Westindien

Im Februar 1793 fiel in London der Entschluss, in Westindien durch die Entsendung eines mehrere tausend Mann starken Heeres die schnelle Entscheidung zu suchen. Diese Armee besetzte im März/ April 1794 Martinique, St. Lucia, Guadeloupe und Tobago. Allerdings hatte das tropische Klima den Briten derart zugesetzt, so dass sie ihre Offensive nicht gegen Haiti und Französisch-Guayana fortsetzen konnten. Im Gegenteil eroberten die Franzosen in der zweiten Jahreshälfte 1794 Guadeloupe sogar zurück. Ende des Jahres brachen auf den ehemaligen französischen Kleinen Antillen Aufstände gegen die britische Herrschaft aus. So konnten die kurz darauf aus Großbritannien eingetroffenen Verstärkungen nicht gegen die verbliebenen Stützpunkte Frankreichs in der Karibik eingesetzt werden.

Im Juni räumten die Briten Grenada, St. Vincent und St. Lucia. Dann erhoben sich im August auch noch befreite Sklaven auf Jamaica. Großbritannien schwächte nun seine Streitkräfte in Flandern und konnte in der Folge ein 30.000 Mann starkes Heer gegen die karibische Hauptbesitzung werfen. Diese Armada eroberte im Verlauf des Jahres 1796 Grenada, St. Vincent, St. Lucia und Jamaica zurück. Im Februar 1797 folgte das spanische Trinidad. Nach dem kurz darauf fehlgeschlagenen Angriff auf Puerto Rico stellten die Briten ihre Angriffe in der Karibik ein. So konnten sich die Franzosen bis Kriegsende auf Guadeloupe, Haiti und in Französisch-Guayana halten.

Ostindien

Im Sommer 1793 besetzten die Briten ohne auf viel Widerstand zu stoßen die französischen Handelsniederlassungen auf dem indischen Subkontinent. Frankreichs Ostindienflotille zog sich daraufhin von Pondicherry nach Mauritius zurück. Von hier nahm sie den Kaperkrieg gegen die Handelsschifffahrt der East India Company im Golf von Bengalen auf. Reiche Beute machten die französischen Freibeuter, als sie im Oktober 1793 die britische Handelsroute in der Sundastraße attackierten. Als Antwort darauf suchte die Royal Navy Mauritius 1794 zu blockieren, scheiterte indessen. Seit 1796 dehnten die Franzosen ihre Kaperfahrten auf den britischen Chinahandel aus.  Im Januar 1797 brachten sie einen diesbezüglichen Konvoi der EIC vor der Küste Javas auf. Den Briten war es dann erst nach Ankunft massiver Verstärkungen möglich,  die gegnerischen Kaperfahrten im Golf von Bengalen zu unterbinden. Mauritius konnte allerdings nicht besetzt werden.

Die britischen Inseln

Nach den militärischen und diplomatischen Erfolgen zu Lande in Europa plante Paris ab Ende 1796 eine Landung auf den britischen Inseln. Zum Schutz der Landungsflotte sollten die spanische Marine aus Cartagena und die französische Mittelmeerflotte aus Toulon ausbrechen, nach Brest segeln und sich mit der dortigen Flotte vereinen. Das Vorhaben schlug jedoch wie seine Vorgänger fehl: Die spanische Flotte wurde im Februar 1797 westlich Gibraltars größtenteils vernichtet. Die Flotte von Toulon verzichtete daraufhin auf eine Ausfahrt aus dem Mittelmeer. Die niederländische Flotte wurde im folgenden Oktober bei Kamperduin von den Briten gestellt und zerschlagen.

Das ägyptische Abenteuer

Damit war die britische Seeherrschaft auf dem Atlantik wiederhergestellt. Paris konnte den Krieg gegen London nur noch durch einen Angriff auf dessen Positionen auf dem indischen Subkontinent für sich entscheiden. Dieser musste nach Lage der Dinge über Ägypten, welches sich nominell in osmanischem, tatsächlich aber im Besitz einheimischer Mamelucken befand, geführt und durch Mysore unterstützt werden. Ein diesbezügliches Bündnis mit dem südindischen Fürstentum kam tatsächlich zustande. Auch waren alle kontinentalen Gegner in Europa aus dem Krieg geschieden und die Briten kontrollierten das Mittelmeer nicht. So stachen die französischen Landtruppen im Mai 1798 von Toulon aus in See. Unter dem Kommando Napoleon Bonapartes stehend nahmen sie das strategisch wichtige Malta im Juni. Im Juli folgten Alexandria und im August, nach der Schlacht an den Pyramiden, Kairo.

Nun aber zerstörten die von Gibraltar herbeigeeilten Briten vor Aboukir die französische Flotte. Dadurch konnten sie auf dem Mittelmeer und Rotem Meer  die Blockade Ägyptens aufnehmen. Derart von der Außenwelt abgeriegelt, konnten die Franzosen nicht nach Indien übersetzen und wandten sich daher Anfang 1799 erfolglos Syrien zu. Zugleich begruben die Briten die französischen Indienpläne endgültig, als da sie Mysore eroberten und dort eine Marionettendynastie einsetzten. Zusätzlich festigten sie durch die Einnahme Menorcas und Maltas ihre Position am Mittelländischen Meer. Die ägyptische Expedition wurde indessen erst im September 1801 beendet, als die sie tragenden Truppenteile nach einer ehrenvollen Kapitulation von der Royal Navy zurück nach Toulon gebracht wurden.

Die zweite „Liga der bewaffneten Neutralität“

Nach Aboukir waren Österreich, Neapel-Sizilien, das Osmanische Reich und Russland in den Krieg gegen Frankreich eingetreten und hatten dieses dadurch in eine Krise gestürzt. In deren Folge übernahm der Ende 1799 nach Frankreich zurückgekehrte Napoleon die Macht und konnte die Österreicher durch Siege bei Marengo und Hohenlinden wieder aus dem Felde schlagen. Russland zog sich indessen nach einer fehlgeschlagenen Landung in Holland wieder aus dem Krieg zurück. In der Folge schlossen nun auch Neapel-Sizilien, Portugal und das Osmanische Reich Frieden mit Paris.

Nach dem Verlust seiner Verbündeten sah sich London schon bald mit der russischen Forderung konfrontiert, die Blockade Frankreichs, Spaniens und der Niederlande zu beenden. Dieser Aufforderung schlossen sich schon bald Schweden, Dänemark und Preußen an. Da Großbritannien das Ansinnen der Ostseeanrainer zurückwies, drohte Anfang 1801 eine bewaffnete Auseinandersetzung mit ihnen. Um einer Vereinigung von deren Flotten mit der französischen Atlantikflotte auszuschließen, zerstörten die Briten im April die dänische Marine vor Kopenhagen. Preußen okkupierte daraufhin Kurhannover, während Frankreich und Spanien vergeblich Portugal angriffen. Russland gab indessen seine antibritische Politik nach der Ermordung des Zaren Pauls I. auf.

Der Frieden von Amiens 1802

Durch den erfolgreichen Krieg zu Lande in Europa war Frankreich in der Lage gewesen, den Briten die niederländischen und spanischen Häfen zu versperren und auf diese Weise eine Gegenblockade zu errichten. Diese traf Großbritannien indessen kaum, da es in der Zwischenzeit seine Stellung in Ostindien gestärkt hatte: Hyderabad war entwaffnet und Karnatika annektiert worden.

Dafür konnte London den französischen Machtzuwachs auf dem europäischen Kontinent mit allein eigenen Mitteln nicht rückgängig machen. Dies schmälerte wiederum die Wirkung der eigenen Blockade. Mithin befanden sich Briten und Franzosen in einem Patt. Aus diesem gab es keinen Ausweg außer durch einen Friedensvertrag. Dieser wurde dann tatsächlich im März 1802 in Amiens unterzeichnet: Großbritannien erhielt Trinidad und Ceylon, zog seine Truppen aber aus Ägypten und von Menorca zurück. Zudem hatte es Malta den Johannitern zu restituieren. Frankreich sollte im Gegenzug den Kirchenstaat und Neapel-Sizilien räumen.

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