Die Seekriege selbst bezeichnen den Übergang der alleinigen Seeherrschaft an England, welches sich, nach der 1708 erfolgten Vereinigung mit Schottland Großbritannien heißend, dabei gegen die stärkste Macht des damaligen europäischen Kontinents Frankreich durchsetzen konnte. Insofern verfolgt die vorliegende Studie das Ziel, die politischen und militärischen Faktoren herauszuschälen, die London diesen Triumph erlaubten. Dazu sollen die einzelnen kriegerischen Hauptauseinandersetzungen chronologisch dargestellt und analysiert werden. Am Ende folgt dann die Zusammenfassung, in der die gestellte Frage beantwortet wird. Vorangestellt wird eine Einleitung zum Thema Kolonialismus sowie zur Beschreibung der Ausgangslage am Ende des 17. Jahrhunderts.
Zu dieser Zeit wurde der Reichtum von Nationen zu einem großen Teil durch den Handel mit Übersee generiert. Aus diesem Grund versuchten die Regierungen Spaniens, Frankreichs, Englands und der Niederlande ihren Kaufleuten den bevorzugten, wenn nicht gar alleinigen Zugriff auf die überseeischen Rohstoffe bzw. Naturprodukte zu verschaffen und die dortigen Gebiete als Absatzmärkte für die heimischen Manufakturen zu gewinnen.Dabei schreckten sie untereinander wie auch gegenüber außereuropäischen Autoritäten nicht vor dem Einsatz von Gewalt zurück. So unterschieden sich die Friedenszeiten von den Kriegszeiten nur graduell, als da die Schlachtflotten mit ihren Linienschiffen nur in letzteren zum Einsatz kamen, der von Fregatten geführte Kaperkrieg hingegen ohne Unterbrechung geführt wurde.Die geographischen Zentren dieses mörderischen Wettbewerbs befanden sich in der wegen ihrer Zuckerproduktion so wertvollen Karibik, dem an Pelzen reichen Nordamerika und den für seine Gewürze bekannten indischen Subkontinent.
Die koloniale Welt um 1700
Das spanische Kolonialreich
Das mindermächtige Spanien besaß das ausgedehnteste Kolonialreich, konnte dieses aber seit der Mitte des 17. Jahrhunderts nicht vor der wirtschaftlichen Durchdringung durch England und die Niederlande schützen. So konzentrierte Madrid seine kommerziellen Aktivitäten in Übersee auf den Abbau des mexikanischen und peruanischen Silbers.Dieses wurde Jahr für Jahr über Vera Cruz bzw. Landenge von Panama und Cartagena in Neu-Granada nach Havanna und von dort weiter nach Cadiz im Mutterland verschifft. Dies machte die beiden letzten Orte zu den neuralgischsten Punkten des spanischen Handelssystems, deren Einnahme dieses mit einem Schlag zum Erliegen gebracht hätte. Um dies zu verhindern, richtete Spanien den Hauptstützpunkt seiner Marine im andalusischen Cartagena ein.
Das französische Kolonialreich
Frankreichs Flotten besaßen hingegen Ende des 17. Jahrhunderts ihre Hauptstützpunkte in Brest am Atlantik und in Toulon am Mittelmeer. Von hier aus sollten sie den lukrativen Handel mit dem Osmanischen Reich und Übersee absichern. In der Karibik hielt das bourbonische Königreich Zuckerplantagen auf Haiti und den Kleinen Antillen-Inseln Martinique, Dominica, Guadeloupe, St. Vincent, St. Lucia, Grenada sowie Tobago.Hinzu kamen noch Positionen in Guayana.In Nordamerika hatte sich Versailles hingegen über Handelsstationen am Mississippi, Sankt-Lorenz-Strom und an den Großen Seen festgesetzt. Komplementiert wurden diese Besitzungen durch die Niederlassungen am Golf von Bengalen mit den Zentren Pondicherry und Chandernagore sowie dem im südlichen Indischen Ozean gelegenen Mauritius.
Das englische Kolonialreich
Neben seinen Siedlungskolonien an der nordamerikanischen Atlantikküste besaß England Ende des 17. Jahrhunderts mit den Bahamas, Teilen der Kleinen Antillen und Jamaika auch finanziell sehr ertragreiche Besitzungen in der Karibik.Diese wurden durch das Netz von Handelsniederlassungen der East India Company auf dem indischen Subkontinent mit Zentren in Bombay, Madras und Kalkutta ergänzt.Achillesverse dieses Reiches bildete die Irischen See, durch welche sämtliche Seeverbindungen zwischen Mutterland und Kolonien führten und die sich Nähe Brests befanden. Um sie dem feindlichen Zugriff zu entziehen, unterhielt London in Portsmouth am Ärmelkanal eine der französischen überlegene Flotte.
Das niederländische Kolonialreich
In niederländischem Besitz befanden sich seit dem frühen 17. Jahrhundert die heute als Indonesien bekannten ostindischen Gewürzinseln mit Mittelpunkt in Batavia sowie Ceylon mit den Häfen Colombo und Trincomalee. Auf dem indischen Subkontinent hielt Den Haag Negapatam an der Koromandelküste und Chinsurah in Bengalen.Das auf halber Strecke zwischen Ostindien und dem Mutterland lag der wichtige Auffrischungshafen Kapstadt. Zudem besaßen die Niederländer aber auch in der Karibik mit St. Eustatius und St. Martin auf den Kleinen Antillen sowie Curacao vor der Küste Südamerikas eigene Besitzungen.