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Der Kalte Krieg II (1973-1991)

Der Ost-West-Handel beginnt

Seit Anfang der 1970er Jahre war die UdSSR an einer wirtschaftlichen Kooperation mit den USA und der EG interessiert. Zu diesem Zeitpunkt bildete sie die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, besaß aber nur ein halb so großes BSP wie die USA. Vor allem bestand ein Mangel bei der Produktion von Getreide und moderner Technologie. Beides musste teuer im Westen eingekauft werden. Dafür erhielt Moskau westliche Kredite und verschuldete sich damit zunehmend.

Der NATO-Doppelbeschluss

Nachdem Scheitern ihrer KSZE-Pläne bemühte sich die Sowjetunion seit Mitte der 1970er Jahre wieder darum, die BRD aus der NATO herauszulösen. Ziel war eine Sicherheitskooperation zwischen Moskau und Bonn, bei der die UdSSR den hegemonialen Part dargestellt hätte. Als Gegenleistung war der Kreml bereit, der deutschen Wiedervereinigung zuzustimmen. Zudem unterstützte er in Westdeutschland pazifistische Strömungen und setzte das Land durch die Aufstellung neuer Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 militärisch unter Druck. Die Bundesrepublik lehnte sich infolgedessen noch stärker an die NATO an, die im Dezember 1979 die schnellere Verlegung US-amerikanischer Truppen nach Westeuropa und die Aufstellung von Pershing-II-Raketen dort beschloss.

Der Orient
Ausbau der sowjetischen Positionen

Parallel dazu verstärkte die UdSSR ihre Bemühungen, durch Zugriff auf den Seehandel zwischen der EG und dem Persischen Golf diese von den USA abzuziehen. So wurde, um die Kontrolle über den 1974 wiedereröffneten Suezkanal zu gewinnen, eine aus Syrien, Libyen, Süd-Jemen und Äthiopien bestehende Umfassungsfront um Ägypten aufgebaut. Zugleich wurde durch die Errichtung weiterer Militärstützpunkte auf Perim, Sokotra und in Aden der Zugriff auf die Straße von Bab al-Mandab gestärkt. Durch den Gewinn von Angola und Mosambik als Verbündete 1975 gewann die Sowjetunion Basen in der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung und konnte so die dortige westliche Handelsroute bedrohen. Am Persischen Golf selbst bemühte sich die Sowjetunion weiter um die Gewinnung des Iran. So wurden mit Teheran bestehende Grenzstreitigkeiten beigelegt und in Algier der iranisch-irakischen Grenzvertrag vermittelt. Auch nahm Moskau Waffenlieferungen an den Pfauenthron auf.

Folgen der iranischen Revolution

1979 erodierte die Position der Westmächte am Golf weiter. So wurde der Schah vom schiitischen Klerus des Iran gestürzt. Dieser brach anschließend mit den USA. Moskau gedachte in das entstandene Machtvakuum zu stoßen, wollte dabei aber auf militärische Mittel verzichten. Deren Anwendung hätte zu einem bewaffneten Zusammenstoß mit den USA führen können. Stattdessen bediente sich die UdSSR anderer Mittel, um den Iran auf ihre Seite zu ziehen: Einerseits wurde dessen Regierung durch Unterstützung der ethnischen Minderheiten sowie der einheimischen Kommunisten unterwandert. Andererseits suchte die sowjetische Führung nach engen Kontakten zu den Mullahs. So stellte sie sich 1980 auf deren Seite, als der Iran vom eigentlich mit Moskau verbündeten Irak angegriffen wurde. Das Tauwetter in den sowjetisch-iranischen Beziehungen dauerte aber nur bis 1982: So nutzte Teheran die Detente mit Moskau, um im Inneren die kommunistische Tudeh-Partei auszuschalten und nach Außen gegen Bagdad in die Offensive zu gehen.

Afghanistan wird besetzt

Ende 1979 besetzte die Rote Armee Afghanistan, um dieses in einen Sattelitenstaat nach dem Vorbild der Mongolei umzuwandeln. Durch diesen Vorstoß gewann die UdSSR Luftwaffenbasen, von denen aus das Arabische Meer und der Persische Golf abdeckt wurden. Damit wuchsen die Fähigkeiten der UdSSR, den westlichen Seehandel zu torpedieren. Zudem ging Moskau davon aus, dass der Iran wie auch Pakistan aufgrund ihrer inneren Labilität ihre antisowjetische Außenpolitik revidieren würden. Im Zuge dessen wäre es möglich gewesen, Marinestützpunkte am Persischen Golf und am Arabischen Meer zu gewinnen. Tatsächlich erfolgte Mitte der 1980er Jahre die sowjetische Wiederannäherung an den Iran.

Die Einkreisung des Suez-Kanals

Am Suez-Kanal wechselte Ägypten Ende der 1970er Jahre endgültig in das westliche Lager. Um seinen Einfluss auf Kairo wiederherzustellen, intensivierte Moskau seine Versuche, strategische Flankenpositionen um Ägypten zu gewinnen. Zu diesem Zweck vergrößerte die Sowjetunion ihre Hilfen an Libyen, die PLO und vor allem Syrien. Damaskus sollte in die Lage versetzt werden, den Libanon und Jordanien auf die sowjetische Seite zu ziehen.

Der Ferne Osten
Die ASEAN-Staaten

Mitte 1975 endete der Krieg in Indochina mit dem Sieg Nordvietnams. Dadurch dehnte sich die sowjetische Einflusszone bis an die Grenzen der ASEAN aus. Um deren Mitglieder für sich zu gewinnen, präsentierte sich Moskau ihnen gegenüber als wirtschaftlicher Partner und als sicherheitspolitischer Bundesgenosse gegen etwaige Machtübernahmen durch pekingorientierte Kommunisten. Da sich damit der um China gelegte Einkreisungsring zu schließen drohte, bemühte sich das Reich der Mitte, neben den USA und Japan auch die ASEAN für die Gegeneinkreisung Indochinas zu gewinnen. Dadurch wäre dieses als Eckpfeiler der sowjetischen Umfassung neutralisiert worden. Die Staaten der ASEAN konnten allerdings weder von Moskau noch von Peking zu einer Parteinahme gezwungen werden. Dies lag daran, dass sich die beiden kommunistischen Riesen hier militärisch gegenseitig blockierten. Lachender Dritter war Washington, das seit Ende der 1970er Jahre sein Engagement in Südostasien wiederaufnahm.

Sowjetischer Druck auf China

Zugleich begann China seine inneren Reformen. Zu ihrem erfolgreichen Abschluss benötigte es gute Beziehungen nicht nur zu den USA, sondern auch zur UdSSR. Diese aber weigerte sich, die Umfassung des Reiches der Mitte aufzugeben. Entsprechend störte sich Peking an der weiterhin starken sowjetischen Präsenz an der gemeinsamen Grenze und in Afghanistan sowie an derjenigen Vietnams in Kambodscha. Hinzu kam der wachsende sowjetische Einfluss auf Nordkorea, durch den die UdSSR die Umfassung der für China so wichtigen Mandschurei hätte vollenden können. Auch nahm der Kreml den in Vietnam gelegenen Flottenstützpunkt Cam Ranh in Betrieb. Dadurch war seine Pazifikflotte in der Lage, die Seerouten der fernöstlichen Staaten zu bedrohen und diese so zu Entgegenkommen zu zwingen. Seit Mitte der 1980er Jahre deckten die im asiatischen Teil der Sowjetunion aufgestellten SS-20-Mittelstreckenraketen fast das gesamte asiatische Festland, Japan und die Hälfte der Philippinen ab. Dadurch sollte der politische Druck auf diese Staaten erhöht werden.

Indien

Zu Indien blieben die sowjetischen Beziehungen ambivalent. Einerseits geriet das Land durch seine wirtschaftliche Abhängigkeit in das politische Fahrwasser des Kremls und unterstützte deshalb auch dessen Afghanistan-Politik. Andererseits weigerte sich Neu-Delhi, sich der gegen China gerichteten Einkreisung anzuschließen. Auch plädierte es für den Rückzug sowohl der USA als auch der UdSSR aus dem Indischen Ozean. Dies lehnten beide Weltmächte ab.

Osteuropa
Ausbau des RGW

Seit 1971 hatte die Sowjetunion versucht, ihre eigene wirtschaftliche Basis durch die volle Einbeziehung der Vasallenstaaten in ihr ökonomisches System zu erweitern. Allerdings entzogen sich die Länder Osteuropas der länderspezifischen Aufteilung der Produktionsgebiete und entsprechenden Austauschvereinbarungen im Rahmen des RGW. Moskau nahm dies zunächst hin, zwang ihre Satelliten aber, nachdem sich die ideologischen Bindungen im Ostblock zu lockern begannen, 1980 zur Intensivierung des RGW-Handels. Dieser wurde aber durch die Lieferung billigen Erdöls und den Aufkauf minderwertiger osteuropäischer Fertigwaren zum Weltmarktpreis teuer subventioniert.

Die Intervention in Polen

Zur selben Zeit befand sich die Sowjetunion in Polen in einem Dilemma. Das Land drohte ihrem Machtbereich zu entgleiten. Dies hätte den Abfall anderer osteuropäischer Staaten und der westlichen Randrepubliken der UdSSR nach sich ziehen können. Eine militärische Intervention schien nötig. Sie verbot sich aber im Hinblick auf eine dann möglich werdende übermächtige Allianz des Westens mit China. Den Ausweg bildete die 1981 in Polen eingeführte Militärdiktatur. Durch sie blieb Osteuropa ein fester Bestandteil des sowjetischen Herrschaftsraumes und  die befürchtete globale anti-sowjetische Allianz kam nicht zustande.

Gorbatschows „Uskorenje“

Zwischen 1973 und 1985 hatte die Sowjetunion eine beachtliche weltpolitische Stellung erlangt. Jedoch waren weder Westeuropa noch China als Gefahrenquellen ausgeschaltet worden. Um dies zu erreichen war es nötig, die militärische Schlagkraft der UdSSR weiter auszubauen. Dies war aber infolge der ökonomischen Situation des Kremls schlicht nicht möglich. So hatte die jahrzehntelange wirtschaftliche Bevorzugung des militärischen Sektors dazu geführt, dass Moskau die elementaren Bedürfnisse seiner Bevölkerung nicht mehr befriedigen konnte. Dies machte ökonomische Reformen nötig, welche die neue Führung um Gorbatschow ab 1985 in Angriff nahm. Sie sollten dazu führen, dass der Weltmachtstatus des roten Riesenreiches erhalten blieb.

Osteuropa

In Bezug auf Osteuropa erneuerte Moskau seine Versuche, die Satellitenstaaten stärker
militärisch und wirtschaftlich einzubinden. Dazu wollte Moskau die Einsatzfähigkeit der Armeen Osteuropas heben, sie stärker der sowjetischen Kontrolle unterwerfen und deren Regierungen vermehrt zur Heeresfinanzierung heranziehen. Scheitern tat die ökonomische Straffung des RGW. Gorbatschow wollte die Volksdemokratien in dessen Rahmen in einen „gemeinsamen Markt“ integrieren, welcher seine Reformen unterstützen sollte. Allerdings fehlten die wirtschaftlichen Voraussetzungen für diese stärkere Zusammenfassung.

Westeuropa

Ähnlich seinen Vorgängern wollte Gorbatschow die Westeuropäer von Washington trennen. Dazu plante er die Schaffung eines „gemeinsamen europäischen Hauses“. Es sollte ein Organ zur politischen Koordinierung der europäischen Staaten sein und schloss die USA aus: Hätten die EG-Staaten dem zugestimmt, hätten sich die USA aus dem westlichen Europa zurückziehen müssen. Zugleich sollte durch diese diplomatische Offensive eine militärische Integration der EG verhindert werden. Dazu war die UdSSR bereit, ihre im konventionellen Bereich und bei Kurz- sowie Mittelstreckenraketen bestehende militärische Überlegenheit abzubauen. Zum dritten wollte der Kreml neue Handelsbeziehungen zu Westeuropa aufnehmen, um die sowjetische Wirtschaft durch Technologieimporte zu modernisieren.

Die Perestroika: Die UdSSR zieht sich zurück

Als sich die „Uskorenje“ als nicht ausreichend erwies, weitete Gorbatschow seine Reformpolitik ab 1987 zur „Perestroika“ aus. Der Umbau wurde nun auf den politischen Bereich ausgeweitet und sollte zu einer stärkeren Demokratisierung der KPdSU führen. Dies beendete die vom Politbüro seit 1917 aufrechterhaltene Diktatur über die Partei, den Staat, die Wirtschaft und Kultur. Anstatt dass sich die Situation aber besserte, rutschte die UdSSR nun Schritt für Schritt in Chaos ab. Dies hatte für ihre Außenpolitik weitreichende Folgen.

Der Orient

Am Indischen Ozean begann die Stellung der UdSSR seit 1987 zu erodieren. 1989 zog sie sich aus Afghanistan zurück. Zeitgleich stellte Moskau seine Waffenlieferungen an den Irak, Syrien, Libyen und die PLO ein. Als es 1990/91 im Zuge der Krise um Kuwait zu einem erneuten Krieg am Persischen Golf kam, blieb die Sowjetunion Zaungast. Gorbatschows Angebot, zwischen Washington und Bagdad zu vermitteln, wurde von den USA abgelehnt. Tatsächlich errangen sie einen vollständigen militärischen Sieg über den Irak. Ebenso wiesen die Vereinigten Staaten sowjetische Offerten zur Neutralisierung des Indischen Ozeans zurück.

Der Ferne Osten

In Ostasien scheiterten Mitte der 1980er Versuche, Nordkorea und Japan für den um China zu legenden Einkreisungsring zu gewinnen. Dieser musste im Gegenteil aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen Krise im Inneren von der sowjetischen Führung gelockert werden. So wurden die Truppen in Afghanistan und der Mongolei reduziert sowie wirtschaftlich-technische Beziehungen zu Peking aufgenommen. 1989 wurde der Versuch der Einkreisung Chinas endgültig aufgegeben. Der Kreml zog seine Truppen aus Afghanistan und der Mongolei zurück und bewog Vietnam zum Rückzug aus Kambodscha.

Osteuropa

Aufgrund seiner finanziellen Not sowie der Notwendigkeit um gute Beziehungen zum Westen verzichtete Moskau auf seine ständige und finanziell aufwändige Drohung einer Militärintervention in Osteuropa. Gorbatschow setzte in den Volksdemokratien stattdessen auf in freien Wahlen siegreiche Reformkommunisten. Diese sollten die Bande zur UdSSR freiwillig aufrechterhalten. Die daraus abgeleiteten Reformen wurden zuerst in Polen und Ungarn umgesetzt. An deren Ende stand Anfang 1989 aber die friedliche Machtübernahme durch die demokratische Opposition. Nicht erfolgreicher war die sowjetische Politik in der DDR, CSSR, Rumänien und Bulgarien. Deren reformunwillige Führungen wurden zwar mit Billigung Gorbatschows im Oktober 1989 abgesetzt. Aber auch hier entwickelten sich Fliehkräfte Richtung EG und NATO.

Die sowjetischen Konservativen wollten den osteuropäischen Sicherheitsgürtel durch den Einsatz von Gewalt erhalten. Freilich war die Sowjetunion aufgrund ihrer innenpolitischen Situation nicht mehr in der Lage, diese Planungen umzusetzen. So versuchten die Reformer um Gorbatschow, Osteuropa seit Herbst 1990 durch Drosselung der Energieträgerlieferungen zu einer sowjetfreundlichen Außenpolitik zu zwingen. Dies scheiterte, und im Juni 1991 lösten sich die ehemaligen Volksdemokratien aus dem RGW und im Juli aus dem Warschauer Pakt.

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